“An manchen Tagen spüre ich, dass meine Kraft begrenzt ist und ertappe mich bei dem Gedanken, dass ich meine Tochter gern anders hätte, als sie gerade ist. Plötzlich fühle ich mich ratlos, hilflos und dann ärgerlich. Schon höre ich mich in zunehmender Lautstärke sprechen: ‚Komm her, mach schneller, deck den Tisch, sprich leiser, wasch dir die Hände, räum dein Zimmer auf, sing nicht so laut, pass auf, hilf mir, trödel nicht so rum!‘ Führt das nicht zum gewünschten Erfolg, beginne ich zu drohen: ‚Wenn du jetzt nicht kommst, gehe ich ohne dich!‘, ‚Wenn du so rumtrödelst, gibt es heute keine Gutenachtgeschichte‘, ‚Wenn… dann…‘ … Oft weiß ich schon in diesem Augenblick, dass ich diese Worte bedauern werde. Und trotzdem spule ich das automatische Programm ab, sobald ich in Stress gerate!“
Solche Fallbeispiele sind mir vertraut: In meiner Elternbegleitung höre ich diese und ähnliche Situationen häufig von Müttern und Vätern. Ebenso oft beobachte ich, wie das Vertrauen auf beiden Seiten stetig mehr verlorengeht und Kinder so damit beschäftigt sind, ihre persönlichen Bereiche zu schützen, dass sie keine Bereitschaft mehr haben, zu tun, was ihre Eltern möchten. Dann braucht es immer lauteres Schreien und schärfere Drohungen – eine fatale Abwärtsspirale.
Ich kenne diese Situationen nicht nur aus meiner beruflichen Praxis, sondern auch aus eigener Erfahrung.
Eine Geschichte aus meinem Alltag:
Es ist später Nachmittag, meine Batterien sind leer, ich habe eine Vereinbarung mit meinem Sohn getroffen. Er möchte noch 30 Minuten mit seinem Freund spielen. Nach der besprochenen Zeit komme ich wieder. Statt mitzukommen will er noch eine Stunde weiterspielen. Das kann ich verstehen. Da ich noch 20 Minuten etwas zu erledigen habe, gebe ich ihm noch mal Zeit und komme anschließend wieder. Die Situation ist unverändert. Ich sage ihm zunächst, wie es mir geht:
„Du hast vorhin gesagt, in 30 Minuten darf ich dich holen, ich habe dir 20 Minuten mehr Zeit gegeben. Jetzt ist die Zeit um und du sagst, ich soll in einer Stunde wiederkommen. Ich bin hilflos, weil ich mich auf Vereinbarungen verlassen möchte. Außerdem möchte ich auch gerne etwas Zeit mit dir verbringen und mit dir spielen. Komm jetzt mit!“
Er sagt: „Nein!“ und wird von seinem Freund ermutigt zu bleiben.
Also scheint nur noch die Drohkeule zu funktionieren. Voll frustriert mache ich es auf die harte Tour: „Es gibt zwei Möglichkeiten: Du kommst jetzt mit, wie du es zugesagt hast, oder ich fange an, dir zu drohen obwohl ich das schrecklich finde!“
Er versucht noch zu verlängern, also sage ich: „Willst du heute alleine essen und alleine ins Bett gehen? Falls nicht, kommst du sofort mit!“
Er fängt an zu weinen, steht auf und kommt in meinen Arm.
Nie wollte ich ein „Drohpapa“ sein, wie abstoßend – noch dazu als Eltern-Trainer! Habe ich versagt? Ich atme tief durch und übe mich im Annehmen der Situation, während sich mein Sohn die Schuhe anzieht. Anschließend gehen wir. Vielleicht fühlst du als LeserIn mit mir mit und denkst: “Na und irgendwann ist auch fertig diskutiert, da muss man zeigen, wo es lang geht.” Doch warte mit deinem Urteil noch kurz, bis du diesen Artikel zu Ende gelesen hast.
Eine Drohung bewirkt Kooperation aus ANGST!
Angst verhindert Verständnis. Wenn ich mit Angst „arbeite“ oder Angst „erzeuge“, reißt die Verbindung zu meinem Kind ab, völlig egal, ob es offensichtlich oder subtil geschieht.
Manche Eltern merken das nicht einmal. Ihre Kinder funktionieren einfach sehr gut, sie müssen nicht mehr drohen, weil die Kinder schon oft die Erfahrung gemacht haben: Wenn ich mich gegen die Ansage meiner Mama oder meines Papas stelle, gibt es Ärger. Den möchte ich nicht, also mache ich, was meine Eltern sagen.
Kinder, die sich nicht mehr wehren, sind keine „tollen“ Kinder sondern sie handeln möglicherweise aus Angst vor Konflikten und geben darum alle eigenen Anliegen und Bedürfnisse auf. Das kann zu einem ziemlich unglücklichen Leben führen.
Kooperation aus Angst ist eine Notlösung, die so schnell wie möglich repariert werden sollte.
Aus psychologischer Sicht ist Schmerzvermeidung der stärkste Antriebsmotor für die meisten Menschen. Deshalb reagieren wir und unsere Kinder auf Drohungen so gut.
Auch wir Erwachsenen versuchen allzu oft Konflikte unter den Teppich zu kehren, passen uns an und verbiegen uns, weil wir Angst vor Konflikten und den unangenehmen Gefühlen haben.
Bevor wir zu den drei Schritten kommen, wie es anders gehen kann, ist es sinnvoll, hinter die Kulissen zu schauen.
Warum wir schreien, erpressen, drohen oder ausrasten:
Da ist zunächst unser Reiz-Reaktionsmuster. Es passiert etwas, was ich nicht möchte (REIZ), sofort laufen mehrere Programme gleichzeitig ab (REAKTIONEN).
- Unbewusste Gedankenmuster: z.B. “Kinder müssen tun, was ihre Eltern sagen!” oder „Kinder müssen lernen, sich unterzuordnen!“
- Gelernte Strategien, die früher geholfen haben, heute jedoch absolut destruktiv sind: Rückzug und Distanz, schweigen oder anschreien, den anderen schuldig sprechen. Das alles führt NICHT zu Verständnis und Verbindung.
- Hormonfeuerwerk: Bei Stress werden Hormone wie Adrenalin, Noradenalin und Cortisol ausgeschüttet. Gegen diesen destruktiven Cocktail lässt sich nur schwer ansteuern. Die Hormone sorgen für eine reduzierte Wahrnehmungsfähigkeit und verlangsamen alle überlebensunwichtigen Funktionen. Bei Frauen spielt oft der gesamte Hormonhaushalt eine wichtige Rolle. Um den Eisprung herum ist der Progesteronspiegel hoch. Deshalb werden die Stressreize nicht so schnell zum Gehirn geleitet. Fällt er allerdings ab, verlieren manche Mütter schon wegen Kleinigkeiten die Gefühlskontrolle. (Bei überstrengen Vätern hege ich den Verdacht, dass sie permanent im Progesterontief sind!)
Wir sind also zum einen abhängig von unseren angelernte Strategien, mit Stress umzugehen, und gleichzeitig Sklaven unserer biochemischen Abläufe.
Wir lieben unsere Opfer-Inszenierungen. Was ist das genau? Eine Inszenierung ist ein Phantasiegebilde, das ich für die REALITÄT halte. Das möchte ich dir an einem Beispiel erklären: Mal angenommen, ich bin der gute Vater, der das Beste für sein Kind will. Leider versteht das Kind mich nicht und will nicht zu mir kommen. Die Inszenierung sieht dann so aus: „Wenn du nicht sofort kommst, darfst du heute deine Sendung nicht anschauen!“ Das Kind kommt nicht sofort . Wenn ich mich in die Inszenierung verliebt habe, dann bin ich der gute Vater, der sein Kind liebt und ihm so gerne die Sendung erlauben würde, aber das Kind hat ja leider nicht gehört. Meine REALITÄT sieht so aus: „Damit mein Kind etwas lernt, darf ich leider nicht nachgeben! Würde ich nachgeben, wäre ich ein schlechter Vater, denn Inkonsequenz schadet meinem Kind. Dann lernt es nur, dass es alles machen kann, was es will!“ Das ist keine Realität, es ist nur die individuelle Sicht des Vaters, denn es gibt viele andere Wege, um diese Situation entspannt zu klären. Der Vater ist in seiner Inszenierung jedoch fest von diesem Bild überzeugt. (Wenn du mehr über meine Ansicht zu Konsequenzen lesen willst, klicke hier.)
Vor Jahren habe ich in einem Streit gedroht: „Wenn du weitermachst, werfe ich die Wasserfarben an die Wand!“ Nun, meine Partnerin hat weitergemacht und in der Inszenierung musste ich mich an mein Versprechen halten. ZACK waren die Wasserfarben an der Wand. Ich hätte die Wasserfarben natürlich wieder hinstellen können. Leider war ich so sehr in die „Wasserfarben-an-die-Wand-Inszenierung“ verliebt oder ihr verhaftet, dass ich nicht ausgestiegen bin. Nach einem riesigen Drama habe ich die Wand neu gestrichen – was für eine Energieverschwendung!
Wer nicht gelernt hat, sinnvoll mit Konflikten umzugehen, macht aus den meisten Konflikten eine Inszenierung.
Sinnlose Grundannahmen: Ich weiß nicht, ob du zu den Eltern gehörst, die Angst haben, etwas „verkehrt“ zu machen. In den Medien wird suggeriert: Wenn du alles richtig machst, hast du anschließend gut erzogene, erfolgreiche Kinder, auf die du stolz sein kannst.
So läuft Erziehung meiner Meinung nach nicht. Kinder sind komplexe Wesen, genau wie du und ich. IMMER wenn ich denke, dass ich wüsste, wie mein Kind ist, bin ich auf dem HOLZWEG.
Eine sinnvolle Grundannahme ist: Ich will mein Kind von Konflikt zu Konflikt immer besser verstehen!
Unsere Kinder sind kein weißes Blatt Papier, was wir mit dem richtigen Text vollschreiben müssen, sondern komplexe Galaxien, die wir jeden Tag mehr und mehr erforschen dürfen, ohne sie jemals ganz zu verstehen. Wenn wir heute einen kleinen Teil verstanden haben, dürfen wir morgen neugierig sein, ob es sich noch genauso verhält wie gestern.
Drei Schritte, wie du für deine Bedürfnisse sorgen kannst, wenn du unter Druck stehst.
- Wenn du Entspannung möchtest: Übe dich darin, aus Inszenierungen so schnell wie möglich auszusteigen. Jeder, der meint. er könnte das nicht, sollte sich dringend psychologische Hilfe holen. Du weißt, du hast die Wahl! Niemand zwingt dich dazu loszubrüllen. Du kannst dich anders entscheiden. Eine Möglichkeit ist es, folgenden Satz immer wieder zu sagen: „Ich bin gerade hilflos und weiß nicht weiter!“ Am Anfang ist das etwas schwer, gerade für Väter. Aber er unterbricht das Reiz-Reaktionsmuster und zerstört die Inszenierung. Probiere es aus und sammle damit Erfahrungen.
- Wenn du gerne im Einklang mit deinen Werten handelst: Drohungen und Erpressungen sofort lösen. Mache deutlich, dass du eigentlich nicht drohen willst. Das klingt dann z.B. so: „Ich bedaure, dass ich dich erpresst habe – das will ich nicht. Lass uns einen Weg finden, der für dich und mich ok ist!“ Auch der Herzschlüssel ist eine geniale Soforthilfe. Hier geht es zum 13 Min. Video.
- Wenn dir Großherzigkeit wichtig ist: Du verbietest dir Selbstabwertungen, wenn du mal wieder ausgerastet bist, erpresst oder gedroht hast. Stattdessen verordnest du dir Neugier auf dich selbst. Du könntest (laut oder in Gedanken) sagen: „Wow, was für eine Kraft in mir steckt. Ich brauche sie nur noch in eine sinnvolle Richtung lenken. Ich finde raus, wie das geht!
An was ich mich stets erinnere: Konflikte sind nichts Schlimmes, im Gegenteil, mit jedem Konflikt lerne ich mich ein Stückchen besser kennen. Wenn ich bereit bin, meine unangenehmen Seiten kennen zu lernen, zu verstehen und anzunehmen, wird es mir bei meinem Kind und meinem Partner oder meiner Partnerin ebenfalls besser gelingen. Das führt zu mehr Frieden, mehr Liebe und mehr Leichtigkeit.
Wie es mit meinem Sohn weiter ging …
Schon beim Schuhe anziehen stieg ich aus der Inszenierung aus und drückte mein Bedauern aus, dass ich mir nicht mehr anders zu helfen wusste. Ich wertete mich für diese harte Maßnahme nicht ab, und machte ihm keine Vorwürfe, sondern betonte das, was mir wichtig war. “Ich möchte mit dir Zeit haben, du bist mir wichtig!” Als wir nach drei Minuten zu Hause ankamen, war sein Schmerz bereits verflogen und er sagte, dass er ja auch Zeit mit mir haben möchte. Wir hatten einen wunderbaren Abend.
Fazit
Nichts ist so, wie es scheint. Unsere Gedanken, Interpretationen und Phantasien suggerieren uns Realitäten, die nicht da sind. Wenn wir das erkannt haben, können wir aus diesen Inszenierungen aussteigen und uns selbst und die Kinder mit jedem Konflikt besser verstehen. Verständnis ist die Brücke der Liebe.
Wenn Dich der Artikel inspiriert hat und du lernen möchtest, liebevoller und leichter mit deinen Kinder oder in deiner Partnerschaft zu sein, auch wenn andere nicht so sind, wie du sie gerne hättest, dann besuche gerne mein kostenloses Onlinetraining „Einführung in die Gewaltfreie Kommunikation“. Klicke hier, um dich kostenlos und unverbindlich anzumelden.
[…] „Unsere Kinder sind kein weißes Blatt Papier, was wir mit dem richtigen Text vollschreiben müssen, sondern komplexe Galaxien, die wir jeden Tag mehr und mehr erforschen dürfen, ohne sie jemals ganz zu verstehen. Wenn wir heute einen kleinen Teil verstanden haben, dürfen wir morgen neugierig sein, ob es sich noch genauso verhält wie gestern.“ (Tassilo Peters in seinem Blogartikel „Erste Hilfe für Eltern!“) […]
[…] „Unsere Kinder sind kein weißes Blatt Papier, was wir mit dem richtigen Text vollschreiben müssen, sondern komplexe Galaxien, die wir jeden Tag mehr und mehr erforschen dürfen, ohne sie jemals ganz zu verstehen. Wenn wir heute einen kleinen Teil verstanden haben, dürfen wir morgen neugierig sein, ob es sich noch genauso verhält wie gestern.“ (Tassilo Peters in seinem Blogartikel „Erste Hilfe für Eltern!“) […]
herzlichen dank für den anregenden artikel! ich finde drohungen auch schrecklich. aber irgendwie muss ich meinem kind doch erklären, was für konsequenzen ihr nicht wollen hat: „wenn du jetzt nicht mit nach hause kommst, hab ich nächstes mal keine lust mit dir hier her zu kommen.“ ja, klar – eine schreckliche drohung. auch in verbindung mit: „gefällt es dir hier so gut? dann kommen wir ganz bald wieder her.“? oder: „wenn du jz nicht gleich ins bett kommst geht sich keine (oder nur eine ganz kurze) geschichte aus.“ drohungen mit zusammenhang, den die kinder auch nachvollziehen können gehen auch nicht? immerhin soll ich bis sie in der pubertät sind die entscheidungen zu treffen. wie sollen sie sich an mich starken fels lehnen, wenn ich mir in meinen entscheidungen nicht sicher bin? ich meine schon ein mittelweg zwischen laisse faire und autoritär zu finden ist wichtig. es liegt an uns mit unseren „drohungen“ immer kreativer zu werden, wenn wir verpflichtungen nachgehen müssen und sie aus ihrem moment reissen.
beste grüße
doris
Hallo Tassilo,
ich habe dein Webinar über gewaltfreie Kommunikation mitgemacht und fand es sehr inspirierend.
Auch Dein Blog ist sehr ansprechend und alltagsnah.
Ich meditiere seit über 10 Jahren regelmässig und habe es als Mutter von 2 lebhaften Jungs bisher ganz gut geschafft im Vorfeld zu spüren wenn sich etwas anbahnt und konnte dann aus der Situation „rausgehen“.
Was mir aber im Alltag tatsächlich wunderbar hilft ist die Info von Reiz und Reaktion: ich dehne mittlerweile in Stress-Situationen, wenn ich wütend werde etc. einfach meine Liebe aus – und puff – ist der Ärger verraucht!! Und ich bin in meiner Liebe und kann – wie Du es beim Herzschlüssel erklärst – weiter machen. Supergenial!!
Vielen Dank Dir an dieser Stelle für Deine wunderbare Arbeit und Dein Tun!
Mein lieber Tassilo,
voll Freude und Bewunderung folge ich deinen Gedanken, deinen Erfahrungen, deine „Auswege“ sind so plausibel und gut beschrieben. Auch mir als Urgroßvater geht immer wieder ein Licht auf… wie schön, dies rechtzeitig zu erfahren. Viele Anregungen von dir prägen auch meinen Alltag, machen ihn entspannter und helfen mir, mich wohl zu fühlen.
Hab Dank und fühl dich umarmt. Das wollte ich dir mal öffentlich schreiben
dein Onkel Axel
Geliebter Onkel,
was für eine Freude, deine Worte zu lesen! Gerade von dir, von dem ich sooooo viel lernen durfte.
Dich in meinem Leben zu wissen ist ein großes Geschenk und ich liebe dich von ganzem Herzen.
Auch dass möchte ich mal öffentlich schreiben.
Dein
Tassilo
Lieber Tassilo
Noch bin ich schwanger, doch bald bald werde ich ein Kind zur Welt bringen… Der Beitrag ist sehr interessant und inspirierend. Hab ihn gleich an ein paar Leuten weitergeschickt, mit denen ich oft über Gewaltfreie Kommunikation diskutiere, dafür finde ich den Blog wirklich hilfreich. Ich denke wirklich häufig darüber nach, wie ich mit meinem Kind, auch meinem Neffen Gespräche führen kann, die uns zusammen weiterbringen können, natürlich auch mit Erwachsenen :0)
So auch dein Blog- Danke nochmals für deine Worte, super hilfreich für meinem Partner und meine neue kommende Zeit!
Liebe Grüsse
Myriam
Liebe Myriam, vielen Dank für deine Resonanz!
ich wünsche euch eine entspannte Geburt und in der Anfangszeit viel Verbindung.
Herzensgrüße
Tassilo
Toll!
„Inszenierung“ versuche ich mir für die nächste Zeit zum „Mantra“ zu machen…mal schauen, ob es funktioniert, denn tatsächlich ist man viel zu oft in einer Einbahnstraße und merkt nicht, dass da noch Seitenstraßen sind, in die man abbiegen könnte.
Danke für diesen Beitrag!
Zsófi
Oh ja, bin gespannt, wie es dir damit ergeht…
Lieber Tassilo,
Ein sehr schöner blog!
Vieles habe ich bereits geahnt, in den Momenten, in denen man spürt dass man gleich etwas tut was man eigentlich nicht will und in denen ich mich frage, warum ich diese Spirale dann eigentlich nicht unterbrechen kann. Obwohl ich mir schon selbst das Bild vom „Engelskreis“ erfunden habe und mir mal aufgeschrieben habe „ich darf anders reagieren, ich muss nicht ausrasten“ fällt es mir dennoch schwer.
Das Video vom Herzschlüssel muss ich mir unbedingt mal woanders anschaun, auf diesem Gerät gerade funktioniert der Ton nicht 🙂
Aber ich finde es sehr hilfreich, zu wissen, dass es anderen genauso geht und einen Namen für das Schlamassel zu haben „inszenieren“. Danke und Beste Grüße
Regine
DANKE für deine Resonanz… ja, es hilft einen Namen für dieses Phenomen zu haben… viel Erfolg!
Herzliche Grüße
Tassilo
Lieber Tassilo, danke für diesen sehr interessanten und anregenden Beitrag. Bei mir bleibt danach – wie bei vielen ähnlichen Beiträgen – am Ende die Frage: Was mach ich denn aber in der Praxis, damit mein Kind – z.B. In deinem Fallbeispiel – nun endlich mit nach Hause kommt? Ich glaube, mir fällt es so schwer aus den alten Strategien auszusteigen weil ich schlicht keine Alternative weiß, wie ich die Situation geregelt bekomme. Zumindest bei meinen Jungs funktioniert oft in akuten Situationen der Appell an die Vernunft dann nicht mehr – ging ja bei Dir auch nicht. Was wäre denn eine praktische Lösung für die Situation gewesen ohne Drohungen? Mir leuchtet ein, dass dieser Gehorsam aus Angst für die Psyche des Kindes nicht besonders toll ist, zumal ich selber merke, wie ich mich noch immer daraus befreie.
Aber am Ende führen solche Gedanken bei mir nur dazu, dass ich ein schlechtes Gewissen bekomme, wenn ich in diese Muster rutsche und dass ich in einer Situation, wo ich mein Kind dazu bringen möchte oder auch muss (weil z.b. Eine gefährliche Situation ist) auch nicht schlauer bin, was ich denn nun tun kann – egal ob ich schon unter Dampf stehe oder noch nicht. Mir ist klar, dass es darauf wohl keine Patentlösung gibt. Aber in unserer Kultur und Gesellschaft ist es doch nun mal so, dass Kinder eine ganze Menge tun müssen, damit dieses ganze Konstrukt (so verkorkst es auch sein mag) irgendwie funktioniert. Mir fehlen bei all diesen Erklärungen, warum unsere alten Erziehungsmethoden nicht wirklich angebracht sind einfach Alternativen, die in der Praxis wirklich funktionieren. Ich weiß, dass das Anliegen deines Beitrags in eine andere Richtung geht, mit der ich auch voll übereinstimme, aber mich beschäftigt diese Frage immer wieder sehr, weil ich mich hin- und hergerissen fühle zwischen dem Wissen, was alles nicht gut ist fürs Kind und der riesigen Lücke, die dann da klafft, was ich denn wirklich ganz praktisch im Alltag tun kann um früh morgens pünktlich aus dem Haus zu kommen, das Kind ins Bett zu kriegen wenn es müde ist aber leider lieber noch fernsehen will und und und…. Ganz liebe Grüße und Danke für Dein tolles Engagement hier, Dörte
Lebe Dörte,
ja das ist in der Tat eine Kreativitätsaufgabe.
Was hätte ich anders machen können? Es gibt ungefähr 1000 Möglichkeiten, ich möchte hier eine benennen.
Es wäre sicher sinnvoll gewesen, mit meinem Sohn vorher 3 Min. zu sprechen, wie wichtig mir die Zeit mit ihm ist und ich ich um 16:30 Uhr mit ihm an den See gehen möchte – alleine. Dann zu fragen, ob das für ihn passt.
Wenn wir morgens früh pünktlich raus gehen möchten, ist es ebenfalls sinnvoll, die Kinder schon am Abend konstruktiv einzubinden: „Morgen früh brauche ich eure Hilfe, damit wir um 7:30 Uhr aus dem Haus kommen. Ich bin sooo gerne pünktlich – helft ihr mir, indem ihr euch anzieht und ohne zu spielen sofort zum Frühstück kommt?“ Natürlich haben sie es am nächsten morgen vergessen. Deshalb stelle ich mich am nächsten Morgen schon darauf ein und weiß, dass ich es noch ca. 10 mal liebevoll sagen werde. Autorität aus Liebe bedeutet: Immer wieder hingehen und deutlich sagen was ich brauche. Kooperation abwarten und Wertschätzung ausdrücken.
Ich gehe übrigens davon aus, dass wir nichts tun müssen. Weder ich, noch meine Kinder. Aber wenn wir etwas nicht tun, löst das natürlich aus. Ich vertraue grundsätzlich, dass Kinder gerne zum Wohle ihrer Eltern beitragen möchten, wenn keine eigenen Bedürfnisse dagegen stehen.
Herzensgrüße
Tassilo
Lieber Tassilo,
Könntest du schreiben, wie Du in dieser Situation nach deiner Meinung optimal reagiert hättest? Du kannst ja auch nicht deinen Sohn noch 5 mal abholen und er geht immer noch nicht mit. Wie könnte solch eine Situation enden?
Liebe Grüße
Regina
Liebe Regina,
hier eine Möglichkeit, wie ich die Situation hätte sinnvoller vorbereiten können:
Es wäre sicher sinnvoll gewesen, mit meinem Sohn vorher 3 Min. zu sprechen, wie wichtig mir die Zeit mit ihm ist und ich ich um 16:30 Uhr mit ihm an den See gehen möchte – alleine. Dann zu fragen, ob das für ihn passt.
Alternativ hätte ich ihn aus dem Zimmer zu einer kurzen Besprechung rausbitten können. Anschließend hätte ich ihm sagen können wie wichtig er mir ist und wie es mir geht, wenn er jetzt lieber Lego spielen möchte, statt mit mir etwas zu unternehmen. Mit der Bitte, eine Lösung zu finden, die für uns beide ok ist. Vermutlich hätten wir etwas gefunden.
LG
Tassilo
Lieber Tatsilo,
ein wunderschöner Beitrag. Und dieser gibt mir natürlich auch zu denken, wann und ob ich „Inszeniere“?
Mein Sohn ist jetzt 2,5 und liebt gerade Gummibärchen über alles. Ich könnte ihm jetzt ständig diese Gummibären verbieten bzw. in Situationen, wo mein Sohn „nicht funktioniert“ wie ich das gerade will…Betonung liegt auf „ich will“…als Bestechung nutzen – Inszenieren.
Nein, das möchte ich nicht und deshalb habe ich mich gerade auf ein Experiment eingelassen, meinem Sohn eine Dose mit seinen geliebten Gummibären zu ueberlassen, damit er selbst entscheiden kann, wann er diese isst oder auch nicht isst. Aus meiner Vergangenheit weiss ich, dass mir sehr oft Suessigkeiten verboten worden sind und es da auch viele Inszenierungen gegeben hat. Keine wertvolle Erfahrung.
Seit ich Mama bin ist es mir sehr wichtig meinen Sohn als wertvolle Person zu behandeln und zu respektieren. Kreative und offene Lösungen helfen da ungemein. Ich bin gespannt, wie es in meinem Gummibären Experiment weiter geht.
Die Übung mit dem Herzschlüssel werde ich direkt morgen einführen. Ich bin zwar i.d. R. eine sehr ruhige und geduldige Mama (ich schreie nicht herum oder brülle auch nicht meinen Sohn an) aber manchmal kann Atmen wirklich gut helfen in bestimmten Situationen. Danke für diesen wertvollen Tip.
Liebe Grüße
Miriam
Liebe Miriam,
vielen Dank für deine Rückmeldung.
Mit meinem Sohn habe ich vereinbart: „Du darfst so viele Süßies wie du willst, einmal am Tag“. Der Zahnarzt hatte uns empfohlen lieber eine Tafel Schokolade auf einmal zu essen, als jede Stunde ein Stück.
Viel Spass beim Experimentieren.
Herzliche Grüße
Tassilo